Gastbeitrag Tagesspiegel
Bis 2030 auf fossile Energie verzichten: Wie der Kohleausstieg im Osten gelingen kann
Von Dr. Heiko Knopf, Cornelia Lüddemann, Franziska Schubert und Benjamin Raschke
Klimaschutz ist ein Grundrecht, so urteilte das Bundesverfassungsgericht. Der Kohleausstieg mit Zieldatum 2030 ist dafür entscheidend. Er stellt die Weichen für das Erreichen unserer Klimaziele, aber auch für die Wertschöpfung ganzer Regionen; er ist der Rahmen für das Leben vieler Menschen in Deutschland. Klimaschutz und die damit einhergehende Transformation der Wirtschaft sind eine gesamtdeutsche Aufgabe. Vor allem aber sind sie eine erhebliche Chance – denn längst ist Klimaschutz der Standortvorteil, der Jobmotor, der Wohlstandsfaktor.
Nachdem der Braunkohleausstieg im Rheinischen Revier auf 2030 vorgezogen wurde, liegt nun ein besonderer Fokus auf Ostdeutschland, genauer gesagt auf dem Mitteldeutschen und dem Lausitzer Revier. Nirgendwo anders gibt es ein größeres Potential für ambitionierten Klimaschutz und vorausschauende Wirtschaftspolitik. Wir haben die einmalige Chance, mit neuer Infrastruktur und gezielter Wirtschaftsförderung, mit Renaturierung und Investitionen in Zukunftstechnologien den Weg in eine nachhaltige Zukunft zu ebnen. Das geht aber nur gemeinsam. Deshalb ist es so wichtig, diesen Weg mit den Menschen zu gehen und sicherzustellen, dass zukünftige Gewinne aus Klimaschutztechnologien vor Ort ankommen.
Gute Politik bedeutet, die Sicherheit der Bevölkerung im Blick zu behalten. Dazu gehören eine starke Wirtschaft, ein sicherer Arbeitsplatz und ein sicheres Einkommen. Das Argument, wenn die Kohle gehe, gingen auch die Arbeitsplätze, hat sich indes umgekehrt: Vielmehr leidet die regionale Wertschöpfung, wenn politische Entscheiderinnen und Entscheider an veralteten Technologien festhalten, statt die Rahmenbedingungen für den notwendigen und zukunftsfesten Wandel festzulegen. Letzteres ist der Weg, den wir vorschlagen wollen. Und der Osten hat dafür einen klaren Standortvorteil: Es gibt viel grüne Energie, vor allem Windenergie. Gerade die enorme Expertise in den Braunkohlerevieren bietet eine hervorragende Grundlage für die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften, die vor Ort den Wandel gestalten, die einen sicheren Job haben, die Klimaschützer von Beruf sind.
Die Zeit drängt, trotzdem müssen wir uns als Gesellschaft auch Zeit nehmen, um den Regionen im Osten den Kohleausstieg nicht überzustülpen. Dabei hilft eine gute Bürgerbeteiligung. Die Bürgerinnen und Bürger kennen die Region, ihre Geschichte, Wünsche und Rahmenbedingungen aus eigener Erfahrung. Sie wollen eigene Lösungen und Antworten entwickeln und umsetzen. Für eine breite Akzeptanz braucht es das Vertrauen in den Transformationsprozess und die Perspektiven der Menschen vor Ort. Sonst setzen wir vieles aufs Spiel: den gesellschaftlichen Zusammenhalt, die Chancen für die Wirtschaft, unsere Lebensgrundlagen und schlimmstenfalls auch die Stabilität der Demokratie. Denn es geht nicht nur um Arbeitsplätze, Wirtschaft und Energie, sondern auch um Respekt, die Anerkennung der erbrachten Lebensleistung und Teilhabe.
Nur gemeinsam schaffen wir es, dass der Osten durchstartet. Nichts anderes ist das Ziel. Eine ausklingende Technik künstlich und teuer am Leben zu halten, während andernorts bereits mit neuen Technologien und moderner Produktion der Wohlstand erneuert wird, ist das Gegenteil von vorausschauender Politik. Weiten wir also unseren Blick von der Kohle hin zur ganzheitlichen Frage, wie wir eine Region mit attraktiven und zukunftsfesten Branchen und Jobs schaffen. Und ermutigen wir die junge Generation, ihre Ideen in die Debatte einzubringen. Es geht schließlich um ihre Zukunft.
Niemand leugnet die Größe der Herausforderungen, die da vor uns liegen, aber wenn wir sie mutig angehen, dann nutzen wir die Chance für eine wirtschaftlich starke, zukunftsfähige Region.
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